Kapitel 4: Der Fußball seit 2005

2005/2006

Wer den Blick zu weit in die Ferne – respektive nach oben (in die Kreisliga A) – schweifen lässt, gerät irgendwann aus dem Tritt und stolpert über vermeintlich kleine Hindernisse, die direkt vor einem (in der Kreisliga B) liegen. Diese personifizierte Erkenntnis umschreibt in etwa das, was die erste Mannschaft der TSG ab dem Sommer 2005 leidvoll erfahren sollte.
Aber langsam, eins nach dem anderen.

In der Saison 2005/2006 etabliere sich die TSG weiter im gesicherten Mittelfeld der Kreisliga B Nord – um es positiv zu formulieren. Nach Platz 5 in der Vorsaison landete das Team von Trainer Hartmut Idelberger auf dem achten Rang, weit weg vom Tabellenkeller. Andererseits aber auch weit weg von der Spitze. Kritisch betrachtet also eine Saison der Stagnation, denn der Abstand nach oben konnte im Vergleich zum Vorjahr nicht verkürzt werden, dem mittelfristige Ziel Kreisliga A kam die Erste nicht näher. Auffällig auch ein Trend, der sich in den anschließenden Spielzeiten fast ausnahmslos bestätigte: Die TSG sammelt in der Hinrunde stets mehr Punkte als in der Rückrunde und spielt dabei auswärts erfolgreicher als im heimischen Pappelstadion. Warum das so ist?

Nun ja, während die umliegenden Vereine im Westerwald und am Rhein nach und nach auf moderne Kunstrasenanlagen zurückgreifen konnten, wurde der Irlicher Hartplatz mehr und mehr zum Stolperstein – im Wortsinne. Auswärtsspiele machen da offenbar mehr Spaß als Heimspiele und bieten eine gute (Unter-)Grundlage für eifriges Punkten. Die TSG hätte gut daran getan, den gesicherten Mittelfeldplatz durchaus positiv einzustufen. Doch es gab es im Verein zu viele, die diesen Stillstand in der Saison 2005/2006 als Rückschritt einordneten. Das sollte sich später rächen.

2006/2007

Später, das heißt in diesem Fall ziemlich genau ein Jahr im Anschluss: Es ist Sonntag, der 20. Mai 2007 gegen 16.20 Uhr und soeben steht fest, dass die TSG Irlich in der neuen Spielzeit in einer andere Spielklasse antritt. Antreten muss, nicht darf: Die TSG ist aus der Kreisliga B abgestiegen. Die 3:0-Niederlage beim SV Melsbach besiegelt eine rundum verkorkste Spielzeit, die offenbarte, dass Anspruch und Wirklichkeit bei der TSG meilenweit auseinandergeklafft haben. Ein 0:0 am ersten Spieltag bei der SG Ellingen II wurde schon als „Punktverlust“ eingestuft, noch nicht ahnend, dass es einer von insgesamt nur 20 Zählern sein würde. Am 2. Spieltag empfing die Erste den FV Rheinbrohl im Pappelstadion und wollte es besser machen. Endstand 0:8. Niedergeschlagenheit in der Kabine, einzelne Spieler prophezeiten bereits, dass das einzige Saisonziel so nur der Klassenerhalt sein könne. Leider verinnerlichten dies nicht alle Beteiligten rechtzeitig, die Klatsche gegen Rheinbrohl in der noch jungen Saison war anscheinend nicht Warnung genug. Anders ist es nicht zu erklären, dass zum Ende der Hinrunde kümmerliche acht Punkte zu Buche standen. Tabellenrang 12 von 14.. Zur Winterpause ersetzte Manni Grcé, bis dahin selbst noch Spieler der ersten Mannschaft, Hartmut Idelberger, dem prinzipiell nichts vorzuwerfen war. Die Mannschaft zog weiter gut mit, doch es fehlten ganz einfach die Punkte. Idelberger machte den Weg frei, um den Abstieg vielleicht doch noch vermeiden zu können. Zwar ging die Mannschaft hochmotiviert, mit neuem Glaube an sich selbst und fit aus der Winterpause, doch gleich im ersten Spiel setzte es eine Pleite gegen St. Katharinen. Die große Aufholjagd solle nicht mehr gelingen.

Sicher, viele Partien in dieser Spielzeit gingen nur sehr knapp und undglücklich verloren. Doch nach wer insgesamt nur 20 von 78 möglichen Punkten holt, der sollte sich eingestehen, dass es einfach nicht gereicht hat, dass Qualität gefehlt hat oder zumindest viel zu selten abgerufen wurde. Als die Mannschaft mal das zeigte, was sie eigentlich kann, war es zu spät: Dem souveränen Meister und Aufsteiger DJK Neustadt-Fernthal trotzte die TSG so etwa in einem hart umkämpften Spiel nach klarem Rückstand ein 3:3 ab, um nur eine Woche später, am vorletzten Spieltag, gegen den direkten Abstiegskonkurrenten TuS Asbach II zuhause zu verlieren. Mit 1:2. Mal wieder. Diese beiden Wochen sind symbolisch für die gesamte Saison. Konstanz? Fehlanzeige. Die Konsequenz: der bittere Abstieg. Kreisliga C? Das klang immer wie eine fremde Welt. A- und B-Klasse stell(t)en in vielen Köpfen immer eine Einheit dar, genauso wie die C- und D-Klasse. Zwei getrennte Systeme. Für viele unvorstellbar, dass die TSG dort einmal spielen müsste.

2007/2008

Am 26. August 2007 war es aber dann soweit. Ein Ereignis, auf das natürlich jeder im Verein gerne verzichtet hätte. 1. Spieltag in der Kreisliga C Nordwest. So recht wusste niemand, wo die TSG steht. Klar, das Ziel an sich konnte nur lauten: direkter Wiederaufstieg! Doch wer den Abstieg als Betriebsunfall einstufte, der sich schon schnell – sprich in einer Saison – wieder korrigieren ließe, hatte irgendetwas falsch verstanden. Der Abstieg war gerade halb verdaut, da traf die Erste gleich auf einen alten Bekannten, der als Mitfavorit um den Aufstieg gelten konnte, den SV Leutesdorf. Gemeinsam waren beide Teams in der Vorsaison abgestiegen, gemeinsam wollten sie nun wieder nach oben. Den ersten Schritt in die richtige Richtung machte Leutesdorf, mit einem 3:2-Sieg im Derby. Auch dieses Spiel hatte gleich Symbolcharakter für den Rest der Saison: Die TSG präsentierte sich auf Augenhöhe, zeigte sich spielerisch mit guten Ansätzen, doch am Ende fehlte häufig ein Quäntchen Kaltschnäuzigkeit und Effizienz, vor allem auch im Abschluss. Trotz der Niederlage zum Auftakt gelang dem Team von Manni Grcé ein guter Saisonstart mit drei Siegen in Folge. Solche Serien blieben jedoch eine Seltenheit, oftmals präsentierte sich die TSG zu inkonstant und ließ hier und da immer mal wieder einen (im schlechtesten Fall sogar drei) Punkt(e) liegen. Somit stand nach der Hinrunde ein vierter Platz zu Buche, mit fünf Zählern Rückstand auf Leutesdorf, das den Rückenwind aus dem ersten Spiel gegen Irlich offenbar mit in die nächsten Partien nahm. Fünf Punkte auf Platz 1, vier Punkte auf den zweiten Rang, der für die Relegation zur Kreisliga B berechtigt – mit einer guten Rückrunde schien das noch machbar zu sein. Wer aufmerksam gelesen hat, wird sich den einzigen Haken an der Sache schon denken können: Die „Angewohnheit“ der TSG immer bessere Hinrunden als Rückrunden zu spielen. Und wie das mit solchen Gewohnheiten nun mal so ist, es ist sehr schwer sie aufzugeben oder abzulegen. Auch der TSG gelang dies in der Rückrunde 07/08 nicht, der Trend wurde bestätigt: 24 Punkte aus der Hinrunde, 18 Punkte aus der Rückrunde, das ergibt insgesamt 42 Punkte. Aus fünf Punkten Rückstand auf den Platz an der Sonne im Winter wurden 13. Die TSG spielte wahrlich kein schlechte Serie, was auch das Erreichen des Kreispokalhalbfinals belegt, das mit 2:3 gegen die Reserve der Sportfreunde Eisbachtal verloren wurde. Für „ganz oben“ reichte es eben nicht, weder im Pokal noch in der Meisterschaft. Aus einem Jahr Kreisliga C wurden also schon (mindestens) zwei.

I. Mannschaft 2007/08
I. Mannschaft Ende Saison 2007/08

2008/2009

Neue Saison, neues Glück und ein neuer Trainer: Andy Röder löste Manni Grcé im Sommer 2008 ab, der jedoch dem Verein weiter verbunden bleibt, da er nach wie vor nicht ohne Fußball kann und nun in der zweiten Mannschaft kickt. Röder, Ex-Spieler der TSG und vorher Spielertrainer bei der TuS Rodenbach in der A-Klasse, verfolgte das Geschehen in Irlich schon längere Zeit und freute sich auf die reizvolle, wenngleich schwierige Aufgabe, die TSG mittelfristig wieder in die B-Klasseu zu führen. Bei so viel Neuerungen, die Umstände zum Start waren altbekannt: Wie schon in der Vorsaison wollte es der Spielplan so, dass zwei vermeintlichen Aufstiegsfavoriten gleich im ersten Spiel aufeinander treffen. Aufstiegsfavorit, das konnte mit Abstrichen für die TSG gelten, vor allem aber traf dies auf den Gegner, den SV Vettelschoß, zu, der sich in der Sommerpause immens verstärkt hatte und nun Platz 1 anvisierte. Weitere Parallele zur Vorsaison: Die Irlicher Elf präsentierte sich gegen Vettelschoß bereits in guter Frühform, verlor aber am Ende unglücklich mit 0:1. Die ersten drei Punkte Rückstand auf den großen Favoriten, aus denen bis zum Saisonende sage und schreibe 28 werden sollten. Vettelschoß hielt dem Druck stand und wurde seiner Rolle gerecht, die TSG kopierte nahezu alles aus der Vorsaison. Gutes (starke Hinrunde mit 26 Punkten, drittbestes Auswärtsteam) wie schlechtes (schwache Rückrunde mit nur 17 Zählern, nur 22 Punkte im heimischen Pappelstadion). Dem entsprechend unterschied sich das Endresultat nur in einem Punkt. Wortwörtlich in einem Punkt. Ein Zähler mehr als im Vorjahr, aber ebenfalls Rang vier in der Abschlusstabelle.

Bei all den Turbulenzen um die erste Mannschaft ging die zweite Mannschaft etwas unter – nicht nur in diesem Rückblick. Während die erste Mannschaft den angepeilten Aufstieg leider erneut verfehlte, sorgte zumindest „die Zwote“ mit ihren Leistungen in der Saison 08/09 für eine erfreuliche Überraschung. Das sehr junge Team von Trainer Jens Diehl schaffte es nicht nur in der Meisterschaft einen sehr guten vierten Rang zu belegen, der noch viel größere Erfolg gelang im Pokalwettbewerb: Nach teils sehr souveränen Siegen – auch gegen höher klassierte Gegner – erreichte die Mannschaft das Pokalfinale der C-/D-Klassen, das auf der modernen Kunstrasenanlage in Neustadt ausgetragen wurde. Dort hatte die Reserve der TSG die Chance sich für die erste Mannschaft zu „rächen“, denn der Gegner war das überragende Team der Kreisliga C, der SV Vettelschoß. Große Hoffnungen auf eine Pokalsensation machte sich indes niemand. Kein Wunder, dass der Einzug ins Finale schon als großer Erfolg gefeiert wurde. Zu Recht. Für das Endspiel versuchte die TSG selbstverständlich alle Mittel auszuschöpfen und jeden Spieler aufzubieten, der spielberechtigt war, um eine schlagkräftige Elf stellen zu können. So konnte Jens Diehl auch auf die hochtalentierten TSG-Spieler aus der A-Jugend zurückgreifen. Diese hatten großen Anteil daran, dass der 29. Mai 2009 ein unvergesslicher Tag für alle TSGler, die von der Wied an die Wied gereist waren, werden sollte. Die zweite Mannschaft konnte gegen den C-Klassen-Meister nicht nur von Anfang an mithalten, nein, sie dominierte die Partie über weite Strecken. Nach Toren von Routinier Manni Grcé, der in dieser Spielzeit als Libero für eine stabile Defensive sorgte, Uwe Hopp und Klaus Langhans führte die TSG bis fünf Minuten vor dem Ende mit 3:1. Dann fiel der 2:3-Anschlusstreffer, das großen Zittern begann. Als der Schlusspfiff ertönte, gab es kein Halten mehr, denn die Sensation war tatsächlich perfekt. „Die Zwote“ war Kreispokalsieger und krönte damit ihre tolle Saison und sorgte gleichzeitig damit auch für einen versöhnlichen Abschluss für den gesamten Verein. Der Erfolg, so die Hoffnung, sollte auch der ersten Mannschaft neue Motivation und Kraft geben, den Aufstieg im dritten Jahr C-Klasse endlich zu packen.

Sieger im Krombacher Kreispokal die TSG Irlich II
Sieger im Krombacher Kreispokal die TSG Irlich II

2009/2010

Das dritte Jahr C-Klasse – sind alle guten Dinge immer noch drei? Noch ist es zu früh die laufende Runde darüber entscheiden zu lassen. Eins ist jedoch sicher: Stand April 2010 stimmen zumindest die Rahmenbedingungen im Verein, was für die Zukunft – und damit für einen mittelfristigen Aufstieg aus der ungeliebten derzeitigen Spielklasse – hoffen lässt. Das gut harmonierende, eingespielte Duo, bestehend aus Trainer Andy Röder und dem neuen Abteilungsleiter Fußball, Marco Gilles, hat gemeinsam eine hungrige Mannschaft aufgebaut, in der die Altersmischung stimmt und die zudem noch im Ort verwurzelt ist. Gleich siebzehn Spieler der ersten Mannschaft haben bereits früher einmal für die TSG gespielt, wohnen in Irlich oder stammen aus der eigenen Jugend. Das Motto „11 für Irlich“ ist also kein leeres Versprechen, im Gegenteil, es wird den wahren Umständen derzeit nicht einmal vollends gerecht, was hocherfreulich ist. Das neue Konzept überzeugte auch ehemalige Irlicher Spieler in der Winterpause wieder zur TSG zurückzukehren: Mit Sven Kohl (vorher SV Melsbach, Kreisliga A) und André Hoffmann (vorher Eintracht Neuwied, ehemals Bezirksliga) konnte zwei junge, ehrgeizige Mittelfeldspieler von höherklassigen Vereinen verpflichtet werden, die gemeinsam mit der TSG wieder nach oben wollen. Zudem verstärkt in der laufenden Rückrunde in Person von Manuel Ullner vom SV Roßbach ein äußerst treffsicherer Stürmer die TSG, der bereits in der Oberliga Erfahrung sammeln konnte und derzeit aus beruflichen Gründen kürzer treten muss, so dass er bereit war Irlich zu helfen. Jüngst hatten die drei Neuzugänge großen Anteil daran, dass der TSG der Einzug ins Kreispokal-Halbfinale gelungen ist. Damit steht nun bereits zum dritten Mal infolge eine der beiden Seniorenmannschaften aus Irlich unter den letzten Vier. Und wer weiß, vielleicht gelingt es ja der Ersten den Pokal für die zweite Mannschaft und für Irlich zu verteidigen. Und in der Meisterschaft? Derzeit belegt die Mannschaft von Andy Röder wieder einmal den undankbaren vierten Tabellenrang. Doch die Mannschaft spielt mittlerweile mit System. Wer den Weg ins Pappelstadion einmal auf sich nimmt und der TSG sonntags zuschaut und die Daumen drückt, kann sich selbst davon überzeugen. Das Team ist nicht nur in der Lage attraktiven Fußball zu zeigen, sondern spielt auch effektiver als in den Vorjahren. Mit 38 Punkten aus 19 Partien sind noch alle Chancen gegeben die eigene Punktemarke aus dem Vorjahr, als 43 Zähler gesammelt werden konnten, in den verbleibenden neun Begegnungen deutlich zu übertreffen. Auch das würde beweisen, dass die „11 für Irlich“ einen großen Schritt nach vorne gemacht hat. Ob es noch für den Aufstieg reicht? Abwarten. Es wird zwar schwer, aber es ist nicht unmöglich. Doch langsam: Von Spiel zu Spiel denken, so lautet die Devise. Wenn die TSG in den vergangenen fünf Jahren eines gelernt hat, dann sicher, dass sie den Blick nicht noch einmal zu weit in die Ferne, zu weit nach oben schweifen lässt. Wenn Sie Hindernis um Hindernis in der C-Klasse überwindet, ist die B-Klasse bald sicher in Reich- und Sichtweite. Alle guten Dinge sind vielleicht nicht drei, aber es gibt da ja noch diesen anderen Spruch von wegen: „Vier gewinnt“? Wenn diese Chronik eines Tages fortgesetzt wird, gibt es für den Verfasser hoffentlich wieder vermehrt Positives zu berichten. Die Weichen hierfür sind gestellt..

I. Mannschaft 2009/10
I. Mannschaft zu Anfang der Saison 2009/10